Nachlese: Nicht jede freiheitsentziehende Maßnahme ist schlecht

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Die Überzeugung von Andreas Müller lautet: "Mit einigen Änderungen im Jugendstrafrecht können wir die Zahl der Straftaten innerhalb weniger Jahren um die Hälfte reduzieren." Wie diese Reformen aussehen können stellte der Jugendrichter am Dienstag in seinem Vortrag "Schluss mit der Sozialromantik!" in der VHS Osnabrück vor.




Jugendrichter Müller referierte in der VHS Osnabrück

Die Überzeugung von Andreas Müller lautet: "Mit einigen Änderungen im Jugendstrafrecht können wir die Zahl der Straftaten innerhalb weniger Jahren um die Hälfte reduzieren." Wie diese Reformen aussehen können stellte der Jugendrichter am Dienstag in seinem Vortrag "Schluss mit der Sozialromantik!" in der VHS Osnabrück vor. In der anschließenden Diskussion einer Expertenrunde zeigte sich: Fragen wie die Diversion im Jugendstrafrecht oder die Schnelligkeit bis zur Verfahrenseröffnung wurden kontrovers betrachtet.

Was versteht Müller unter Sozialromantik? Der Jugendrichter bezog sich auf Positionen, dass Arrest oder Jugendhaft nicht benötigt werden. Genau dies sieht der gebürtige Emsländer anders: "Nicht jede freiheitsentziehende Maßnahme ist schlecht", setzte der Referent auf den Warnschuss.

Ist er deshalb der härteste Jugendrichter Deutschlands, wie ihn einst die Bild-Zeitung taufte? Dem widersprach Müller. Ihm geht es um das frühzeitige Zusammenspiel von "Sozialarbeit und Repression", damit junge Menschen sich gar nicht erst zu Intensivtätern entwickeln können.

Weitere Forderungen Müllers: Mit einer engen Vernetzung von Jugendgericht, Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendgerichtshilfe können gerichtliche Weisungen durchgesetzt und überprüft werden. Darüber hinaus müssten Jugendstrafverfahren deutlich zeitnäher zur Straftat stattfinden und die Jugendarrestanstalten mit Antiaggressionskursen und Drogenhilfe mehr pädagogische Elemente bieten. Ein zentraler Ansatz des Referenten ist, dass Jugendrichter und Familienrichter zu einem Erziehungsrichter verschmolzen werden. Dieser könnte mehr Einfluss auf Familien nehmen, in denen sich abzeichnet, dass Kinder straffällig werden.

In der anschließenden Diskussion, die von VHS-Geschäftsführer Dr. Carl-Heinrich Bösling geleitet wurde, gingen Johannes Jörlemann (Anti-Aggressivitätstrainer), Polizeipräsident Bernhard Witthaupt, Berthold Wesseler (Jugendgerichtshilfe) und Franz-Michael Holling (Vorsitzender Richter am Landgericht Osnabrück) auf die Vorschläge Müllers ein. Dabei zeigte sich, dass die Forderung nach schnellen Verfahren nicht immer geteilt wurde. So warnte Wesseler vor "Schnellschüssen". Häufig würden Maßnahmen wie etwa Anti-Aggressivitätskurse sehr schnell verhängt, ergänzte Holling. Diese seien auch "kein Kindergeburtstag", begegnete Jörlemann der Vorstellung, dass entsprechende Weisungen Täter nicht beeindrucken würden.

Kontrovers diskutierte die Runde die Diversion im Jugendstrafrecht. Darunter versteht man, dass kein Hauptverfahren eröffnet wird und die Täter stattdessen zum Beispiel an Gewaltpräventionskursen teilnehmen müssen. Müller lehnte die Diversion ab. "Bei Gewalttaten muss der Richter im Boot sein." Ein Gerichtsverfahren bedeute, dass sich der Täter für seine Handlungen verantworten müsse und das Opfer gehört werde.

Autor: Henning Müller-Detert

 

 

Information bei der VHS Osnabrück unter 0541 / 323-2243 oder im Internet unter www.vhs-os.de.


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