Nachlese | Tagung Pressezensur19. - 21. Februar 2018

Auf große Resonanz stieß eine gemeinsame Tagung der VHS Osnabrück und der Erich Maria Remarque-Gesellschaft. Vom 19. bis zum 21. Januar 2018 trafen sich rund 95 TeilnehmerInnen und ReferentInnen im Vortragssaal der VHS, um über das Thema „Eine Zensur findet (nicht) statt!“ zu diskutieren. Ein Thema, das angesichts zunehmender Einschnitte in die Meinungs- und Pressefreiheit weltweit an Bedeutung gewinnt.

Über das Thema „Verfolgt, zensiert, ermordet. Schriftsteller in Gefahr und im Gefängnis“ sprach der Prof. Dr. Sascha Feuchert, Vizepräsident des Deutschen PEN-Zentrums im Rahmen der Tagung und verwies dabei auf die steigende Zahl von Schriftstellern und Journalisten, die weltweit verfolgt werden. Das Stipendien-Programm des PEN Deutschland wird von der Bundesregierung jährlich mit rund 400.000 € unterstützt.

Morddrohungen erhielt der Journalist Peter Bandermann von den Ruhr-Nachrichten nach seinen Recherchen über das rechtsextreme Milieu. In Osnabrück berichtete er über Fake News und Hasskommentare und forderte ein entschlosseneres Vorgehen gegen rechtsextreme Organisationen.

Die türkische Schriftstellerin Asli Erdoğan erhielt im Herbst den Erich Maria Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück. In der Türkei wurde sie für ihre schriftstellerische Arbeit ins Gefängnis geworfen, denn sie begreift ihr Schreiben als Arbeit gegen die „Ermordung der Wahrheit“. Ihr schriftstellerisches Werk wurde von dem Mitgliedern der Remarque-Gesellschaft, Lioba Meyer und Bernd Stegemann, vorgestellt.

Über die Bedingungen unter denen Journalisten in der „neuen Türkei“ von Staatspräsident Erdoğan arbeiten müssen, sprach die  Journalistin Çiğdem Akyol. Sie schilderte den Teilnehmenden der VHS-Tagung den Prozess einer schleichenden Aushöhlung der Meinungs- und Pressefreiheit, der schrittweisen Beschneidung der Zugangsrechte zum Internet und zu Informationsquellen und die offene oder verdeckte Zensur für türkische und kurdische Schriftsteller und Journalisten.

Saudi-Arabien liegt in der Rangliste der Pressefreiheit, die jährlich von der internationalen Organisation Reporter ohne Grenzen erstellt wird, auf Rang 165 von 180 Staaten. Über die Machtverhältnisse in diesem Land, die Herrschaft der Königsfamilie und die vielgestaltigen Facetten der offenen und verdeckten Zensur sowie über das Schicksal des saudischen Bloggers Raif Badawi, der zu 10 Jahren Haft und 1000 Peitschenhieben verurteilt worden war, berichtete Sebastian Sons von der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik.

Der überall spürbare Einfluss der kommunistischen Partei Chinas stand im Mittelpunkt des Vortrag der Journalistin Xifan Yang. Zusammen mit dem Osnabrücker Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Georg Gesk warf sie einen Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit, bei der das Land in der weltweiten Rangfolge derzeit auf Platz 176 von 180 Staaten steht. Überraschendes Fazit der beiden Referenten: Für die große Mehrheit der Chinesen steht dieses Thema angesichts des wirtschaftlichen Aufschwungs und der deutlichen Verbesserung der Lebensverhältnisse nicht im Vordergrund.

Erschreckend waren die Kommentare in sozialen Netzwerken und die Hassmails, die die Redakteure der Neuen Osnabrücker Zeitung, Rainer Lahmann-Lammert und Sebastian Philipp, auf der Tagung vorlasen. Offenbar werden gerade Journalisten zu Zielscheiben von Schmähungen und hasserfüllten Kommentaren, denn sie berichten nicht nur über die unterschiedlichsten Themen sondern erscheinen manchen Menschen als Vertreter der "Lügenpresse", denen man das Schlimmste wünschen kann.

Mit Filmbeispielen illustrierte der Medienwissenschaftler Prof. em. Dr. Joachim Paech seinen Vortrag über die Manipulierbarkeit von Bildern. Gerade die neuen digitalen Technologien verleiten dazu, Bilder und Filme, die die Rezipienten für Dokumente der Realität halten, zu manipulieren und damit zu verfälschen.

Eine Podiumsdiskussion unter der Leitung von Prof. Dr. Reinhold Mokrosch bildete den Abschluss der Tagung. Es diskutierten Michael Grünberg, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Osnabrück, Yilmaz Kiliç, Vorsitzender der muslimischen DITIB Niedersachsen, und Michael Brendel als Vertreter der christlichen Kirchen. Das Thema: Religionsfreiheit – ist das angesichts von Fake-News noch möglich?

George Orwells düstere Dystopie eines Überwachungsstaates lieferte den Titel für den Vortrag von Peter Leppelt, Gründer und Geschäftsführer der Firma "praemandatum", die sich für den Schutz der Bürger- und Freiheitsrechte und ganz praktisch für den Datenschutz einsetzt. Sein Thema:

"1984. Von der Realität weit übertroffen". Sein Fazit fiel angesichts der technologischen Entwicklung der Digitaltechnik nüchtern aus, da er hier die idealen Voraussetzungen für einen totalitären Überwachungsstaat sieht – wenn wir nicht wachsam sind und aufpassen!

(Bg)

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Eine Zusammenfassung als Film können Sie ebenfalls abrufen auf youtube unter

"Volkshochschule Osnabrück - Tagung "Eine Zensur findet (nicht) statt." - Rückblick"

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